The beginning
und…
…Wie Elefanten in Not seinen Anfang nahm
Der 11. Februar 2012 wurde zu einem historischen Datum in Indien. Nach viertägigem Ringen um die Erlaubnis der Zentralen Zoo Behörde (CZA) und des Bundesministeriums für Umwelt und Forstwirtschaft (MoE&FF), haben wir in der Nacht vom 10. auf den 11. Februar, mit der Übereinstimmung der Ärzte des Untersuchungskomitees des Forstamtes in Jaipur, instruiert vom selbigen Forest Department, die erste Gnadenerlösung eines Elefanten in extremer Notlage im Staate Indien vollziehen müssen.
Dr.Sunil Chawla, Humane Society International (HSI), erklärte sich ohne Zögern oder religiöse Bedenken bereit, die Euthanasie vorzunehmen. Das entsetzliche Leiden der Elefantenkuh Sita fand ein lang ersehntes Ende; wurde sie ihr Leben lang als Elefant in der Touristenindustrie missbraucht, und ihre Leiden nie professionell behandelt.
Der Arbeit und Fürsorge für Elefanten war somit ein Markstein gelegt für die Zukunft. Ich persönlich, Brigitte U Kornetzky, habe Sita versprochen, in aller Zukunft ihren Elefantenkollegen aus ihrer Misere, welcher auch immer, herauszuhelfen.
Diese Zukunft sollte heissen “Elefanten in Not”, und wurde zwei Jahre später mit seiner Gründung besiegelt.
Die Einzelheiten: Während der Dreharbeiten zu meinem Dokumentar film WHERE THE ELEPHANT SLEEPS wurde die Elefantenkuh Sita schwer krank, und sie war nicht die einzige, die schwere Krankheitssymptome aufwies. Zweifelsohne haben die ayurvedischen Hakime (Naturheiler) alles in ihrer Macht stehende versucht, die Elefantenkuh zu retten, jedoch nie einen erfahrenen Elefantenmediziner kontaktiert. Die Methoden der Hakime sind mehr als umstrittenen ELEPHANTS IN NEED . Unter dem Verdacht auf Tuberkulose, einer fortgeschrittenen Knochenentzündung, einer tiefen, durch einen Ankush zugefügten Stichverletzung am Oberschenkel, und von heftigen Fiebern in Apathie versetzt, schrumpften die Aussichten schnell auf eine Besserung ihres Zustandes; das Gegenteil sollte eintreffen, innert Tagen verschlimmerte sich ihre Lage drastisch.
Ich verstand, dass eine medikamentöse Elefantenmedizin in Jaipur schlicht nicht existiert. So versuchte ich im Süden Indiens, – nach einer strapaziösen drei tägigen Autofahrt —, rettende Medikamente zu holen. Indes verschlechterte sich der Zustand der Elefantenkuh drastisch. Bereits nach drei Tagen teilte man mir indirekt mit, Sita habe sich hingelegt. Hingelegt. Was sollte das nun bedeuten? Die Frage blieb vorerst unbeantwortet. Kommunikationsprobleme mit den Eigentümern der Elefantenkuh entscheiden das unaufhaltbare Schicksal und den Wettlauf mit der Zeit. Ich hatte enorm viel über südindische Elefanten in dieser kurzen Zeit gelernt, jedoch keine Bereitschaft der Veterinäre gefunden, Sita zu helfen.
Ich sollte erfahren, dass die Situation der Elefanten im Süden Indiens eine komplett andere ist, und mindestens ebenso schmerzlich,—Tierärzte wurden bezahlt, sog. Fit-Zertifikate für die Elefanten auszustellen, um in den Paraden der Festivals (more) teilnehmen zu können. Leider nicht nur ein entsetzlicher Gedanke, sondern eine bittere Tatsache, die den Veterinären als auch den Elefantenbesitzern viel Geld einbringt.
Nach fünf Wochen kehre ich nach Jaipur und ins Elefantendorf zurück (mit einem weiteren Film). Dort findet sich die Elefantenkuh auf der gleichen Stelle in ihrem Stall, am Boden zusammengesackt, noch immer angekettet!
Der Anblick ist erschütternd. Das Flaggschiff der Wälder, der feiste Gott der Indischen Kultur, auf dem Boden menschlichen Daseins, ein Haufen Elend, Haut und Knochen. Gemieden von ihren Eigentümern, unversorgt, ungeliebt, und ohne medizinische Versorgung, finde ich Sita, in ihren eigenen Fäkalien liegend, elendiglich verendend. Der Anblick ist himmelschreiend. Offensichtlich hat nur eine geringfügige, aber dennoch lebenserhaltende Wasser- und Futterversorgung stattgefunden, um sie überhaupt am Leben zu halten.Während meiner Abwesenheit im Süden Indiens hatte einer ihrer Besitzer (zwei Brüder) versucht, die Elefantenkuh mit einem Kran auf die Beine zu stellen, um das Image zu retten. Das Seil riss, und Sita brach auf Grund ihres grossen Schwächezustandes zusammen, oder auf Grund einer vermuteten Tuberkulose, die im übrigen niemand hätte diagnostizieren wollen—, die sich später aber als höchstwahrscheinlich erwies (Animal Welfare Board of India). Bei dieser verantwortungslosen und egoistischen Unternehmung ihrer Besitzer, sie mit einem Kran auf die Beine zu stellen, brachen ihre beiden Vorderbeine, weil das Seil riss.
Zutiefst erschüttert, setze ich alle Hebel in Bewegung, und reiche einen weiteren Bericht bei der Zentralen Zoobehörde in Dehli ein, diesmal keine Klage wie zuvor, sondern eine klare Forderung, die Elefantenkuh Sita sofort von ihren Leiden zu erlösen, und einzuschläfern, schnellstmöglich.
Tatsächlich sollte es nicht lange dauern, bis wir uns diesem Zustand annähern konnten. Ich lerne Dr. Sunil Chawla, Human Society International (HSI), kennen, dem wir Fotos vom Zustand der Elefantenkuh unterbreiten. Der erfahrene Elefantenarzt erkannte die ausweglose Situation sofort. Zusammen mit Mrs. Timmie Kumar, Gründerin und Managing Trustee von Help in Suffering (HIS), und der eintreffenden Bewilligung, entsprechende Massnahmen zu treffen, konnte das schier Unmögliche in Indien in die Tat umgesetzt werden.
Dr. Chawla war der einzige Veterinärmediziner, der obschon seiner Zugehörigkeit zum hinduistischen Glauben, keinerlei Vorbehalte äusserte, Sita einzuschläfern. Zur Erklärung, der Hinduismus erlaubt für Kühe und Elefanten ausschliesslich das Hinscheiden eines “natürlichen” Todes.
Die Situation war extrem angespannt, da vier weitere Veterinäre der Indischen Regierung den Zustand Sita`s begutachten mussten, bevor der letzte Schritt getan werden konnte. Dies verstärkte den Erlösungssdruck, und bewegte mich, Sita mein unabwendbares Versprechen zu geben, ihren Elefantenkollegen für alle Zukunft zu helfen. Im Gegenzug versprach sie mir, meiner Bitte folgend, nicht vor der offiziellen Euthanasie eines “natürlichen Todes” zu sterben. Und so sollte es denn auch geschehen.
In jener Nacht vom 10. zum 11. Februar 2012 konnte Dr. Chawla die Elefantenkuh Sita von ihren Qualen erlösen.
Sita wurde zum lebendigen Memorial, und hinterliess mich und Elefanten in Not versprochener massen mit einer grossen Aufgabe, der wir bis zum heutigen Tag nachkommen (2024). Traurigerweise wird sich keiner der Touristen, die Sita auf Amber Fort getragen hat, je an sie erinnern. Die guten Folgen der Ausstrahlung meines Dokumentarfilms
WHERE THE ELEPHANT SLEEPS: Human Society International hat Dr. Chawla und den Elefanten ein ElefantenMobil gesponsert, das 24×7 Tage mit zwei Veterinärmedizinern und einem Assistenten an Board die 125 Elefanten in Jaipur medizinisch versorgen kann, die bislang —unvorstellbar—, ohne jegliche medizinische Versorgung waren. Die Regierung von Rajasthan hat im Elefantendorf ein Elefantenspital gebaut (2013), das allerdings bis heute labortechnisch immer noch nicht ausgestattet ist (2024), und das Elefantenmobil wurde Jahre später auf Druck der Elefantenbesitzer nicht mehr zugelassen, ins Elefantendorf zu fahren und die Elefanten medizinisch zu versorgen (2015/16).
Brigitte Uttar Kornetzky ElefantenMobil 24×7, Humane Society International, 2013
im März 2013 (update April 2024)
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